Hilft KI – Künstliche Intelligenz beim Schreiben?
Während ich meine ersten Wochen und Monate auf Reisen war, hielt langsam das Thema KI – Künstliche Intelligenz Einzug in die Medien. ChatGPT und die KI waren plötzlich in aller Munde. Eine Flut von Informationen prasselte auf mich ein. Es entstand der Eindruck, dass eine Revolution unseres digitalen Lebens und seiner Möglichkeiten stattfinden würde. Und vielleicht auch des ganz realen Lebens.
Durch den Hype neugierig geworden, versuchte ich ChatGPT für mich zu nutzen. Natürlich nicht, um Seiten meines Buches zu schreiben. Das, was ich erlebt habe, kann ChatGPT schließlich nicht wissen und somit nicht wiedergeben. Nein, ich habe das KI-Tool zur Recherche genutzt. Oder besser: versuchte es zu nutzen. Zuerst recherchierte ich zu Fragestellungen, die ich klären wollte. Trivialwissen war schnell zur Hand aber bei komplexen Themen schienen mir manche Antworten vage und nicht konsistent zu sein. Im ersten Moment war ich beeindruckt, aber bald enttäuscht und zunehmend misstrauisch.
Um weiter zu testen, stellte ich Fragen zu Themen, mit denen ich mich bestens auskenne. Siehe da, ich erhielt häufig falsche Antworten und auch nach Rückfragen und variierten Fragestellungen wurde es nicht besser. Manchmal habe ich die Recherche dann abgebrochen. Google zu nutzen und Links zu mit entsprechenden Querverweisen zu verfolgen, war zu dem Zeitpunkt auf jeden Fall sinnvoller.
Aber ChatGPT und die KI stehen erst am Anfang. Auch am Anfang unserer Wahrnehmung und öffentlichen Auseinandersetzung damit. Ich erinnere mich an die ersten Schachcomputer, die noch von einem menschlichen Weltmeister des Schachs geschlagen werden konnten. Der Sieg von IBMs Deep Blue unter Turnierbedingungen gegen den amtierenden Weltmeister Garri Kasparow aus Russland bewegte am 11. Mai 1997 die Welt und machte die technische Überlegenheit von Computern für viele Menschen plötzlich sichtbar.
Intelligenter als Einstein?
Eka Roivainen ist ein Psychologe am Universitätskrankenhaus Oulu in Finnland. Zu seinen Forschungsinteressen zählen die kognitive Psychologie und die Persönlichkeitspsychologie sowie die Validität psychologischer Tests. Im März 2023 hat er die gleichen Psychologischen Tests an ChatGPT durchgeführt wie an Patientinnen. Er kam zum Schluss, dass ChatGPT zu dem Zeitpunkt einen Intelligenzquotienten von 155 hatte. Einstein wird meistens ein IQ von 160-180 zugestanden, auch wenn er sich nie einem Test unterzogen hat.
Das Wissen und die kognitiven Fähigkeiten von ChatGPT und seinen Artgenossen nimmt jeden Tag zu. Einstein werden sie bald hinter sich lassen.
Dabei arbeitet KI schon lange in unseren Autos, der Medizin, der Forschung, in semiintelligenten Haushaltssystemen und anderen digitalen Geräten. Bisher wurde sie still und eher unbemerkt genutzt. Nun wird plötzlich gerne damit geworben. Tausende von „Experten“ wissen plötzlich, was angesagt ist. Weil KI die Masse erreicht hat. Das Handy. Die App für Jedermann.
Mittlerweile haben wir ja eine Fülle von KI-Tools, die die Arbeit erleichtern können und die Recherche unterstützen. Sind Arbeitsplätze gefährdet? Ja, aber wie immer werden sich Berufsbilder ändern, entfallen oder entstehen. Damit habe ich kein Problem, denn derartige Veränderungen hat es seit der industriellen Revolution immer wieder gegeben.
Zuletzt um die Jahrtausendwende, als das Internet Einzug in unser Leben hielt. Auch hier waren dessen Möglichkeiten im Grundsatz nicht wirklich neu, nur die Handhabung war nun massentauglich. Ich darf das sagen, denn als ITler und Nerd weiß ich noch wie in den 80ern die ersten Modems geknirscht haben und wie schräg man angeschaut wurde, weil man viel Zeit an seinem Homecomputer verbrachte. Downloads und Chats gab es damals schon. Kaum zwanzig Jahre später dann für alle.
Wird Geschichte neu geschrieben?
Die größten Gefahren der KI liegen in der Manipulation unserer Wahrnehmung und Veränderung der Geschichte. Denn beides beeinflusst unsere Entscheidungen und Urteile.
Rund 4,14 Milliarden Menschen nutzen weltweit das Internet. Mit dem World Wide Web wurde die Hoffnung geschürt, nun sehr leicht an diverse Informations- und Wissensquellen zu gelangen, um sie für sich zu nutzen. Viele Quellen gibt es tatsächlich, aber deren Wahrheitsgehalt und Qualität zu überprüfen sollte für jeden eine Pflicht sein, denn nach wie vor gibt es keine internationalen Standards oder freiwillige Verpflichtungen für Seitenbetreiber.
In Deutschland gibt es die sechzehn Ziffern des Pressekodex. Die meisten deutschen Verlage bekennen sich dazu, den Pressekodex zu achten. Die meisten, nicht alle. Aber welcher Blog-Betreiber oder Social Media Enthusiast kennt diese überhaupt? Emotionen statt Fakten. Und wie sieht es mit der Presse im Ausland aus? Aber diese Fragen müssen wir uns ja schon seit zwei Jahrzehnten stellen.
Schaut man genau hin, dann sind digitale Manipulationen mittlerweile ein alltäglicher Bestandteil unseres Lebens. Wir wissen, dass die Regierungen der Welt große Energie aufwenden, um Wahlen ihrer ungeliebten Gegner manipulieren und damit deren Gesellschaften zu beeinflussen. Jede Meldung die gelesen wird, muss ja erst einmal mit Bewusstsein wahrgenommen und hinterfragt werden. Gerade wenn es um Themen geht, die das soziale Miteinander bestimmen. Themen, die von persönlicher Entrüstung bis zum weltweiten Krieg führen können.
Aber mal ehrlich: die Masse Mensch tut dies nicht. Brot und Spiele – jederzeit. Shit-Storms – gerne. Konstruktive, friedliche Auseinandersetzung und Lösungsfindung – eher unüblich. Auch das ist nichts neues. Pareto ist überall. Dabei spreche ich nicht von den weltfremden Menschen, die meinen es sei sowieso alles keine Realität und die geheimen Mächte der Welt regieren uns alle.
Wir lieben es, manipuliert zu werden
Visuell leben wir schon seit Jahrzehnten in einer Welt, in der künstliche Realität eher bejubelt als verdammt wird.
Fast alle Fotos in Magazinen, Zeitungen und natürlich den Sozialen Medien sind bearbeitet und verfremdet. Gerade im Bereich der Mode leben wir mit Bildern, deren Basis ein menschliches Modell ist, die aber so stark bearbeitet werden, dass künstliche Idealbilder entstehen, denen wir gerne nacheifern und die viele als erstrebenswert erachten. Niemand zwingt uns dazu. Als Fotograf musste ich zudem lernen, dass gerade junge Menschen sich dieser Manipulationen nicht immer bewusst sind.
Werden digitale Bilder zukünftig noch als Beweismittel gelten? Kann man doch mittlerweile dank KI alles damit anstellen was man möchte. Und man kann jede Art von Bild erzeugen. Foto war gestern. Das ist in der Welt der Filme und Videos schließlich nicht anders.
Von James Bond bis Star Wars arbeiten Filmemacher daran, ihre Tricks auf der Leinwand so realitätsnah wie möglich aussehen zu lassen. Und das nicht nur bei der Simulation fantastischer Welten und Wesen. Gelingt dies besonders gut, regnet es dafür Preise und Auszeichnungen. Realität und künstliche Realität werden dabei gemischt. Sie sind untrennbar miteinander verbunden und nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Und das seit Jahrzehnten. Angefangen hat es übrigens spätestens 1933 mit dem Hollywoodfilm King Kong und die weiße Frau, damals nur noch nicht digital.
Auch der Ton muss hinterfragt werden, denn wenn ich eine KI mit meiner Stimme füttere (und ich kann wirklich nicht singen), dann trällere ich jeden Song wie ein Profi. Signifikant sind hier Eingriffe seit den 1980er Jahren. Auf Whitney Houstons Album Whitney aus dem Jahre 1987 wurde zum ersten Mal Software eingesetzt, um ihre Stimme in hohen Tonlagen zu korrigieren. Und dabei sind wir uns sicher einig, dass ihre Stimme auch ohne Manipulation herausragend war. Das menschliche wird maschinell perfektioniert.
Na dann, Brille auf, Kopfhörer auf und zur Entspannung in virtuelle Welten der Augmented Reality flüchten, die eine wunderbare Mixtur aus allem darstellen. Augmented heißt übrigens erweitert. Wird hier unsere Realität wirklich erweitert oder wird sie irgendwann zur einzigen Realität die wir kennen? Weil wir die digitale und analoge Realität nicht mehr voneinander unterscheiden können. Es ist wenige Jahre her, dass ich auf einer Messe in einer Wüste wanderte, die eigentlich 10.000 Kilometer entfernt war. Also auch hier: neu ist das alles nicht. Und wir mögen das.
Wirkliche Angst können einem die manipulativen Kräfte der KI und deren mögliche Autonomie machen. Und das zurecht. Noch haben wir es heutzutage meistens mit einer sog. schwachen KI zu tun, die nur einzelne Aufgaben löst und stark von ihrem technologischen Umfeld abhängt. Eine starke KI, die sich aus sich heraus agiert ist noch nicht verbreitet. „Das wird noch dauern“, liest man dann. Aber es wird passieren. Und genau das wirft viele Fragestellungen auf.
Mannigfaltige Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz
Denn die Möglichkeiten der KI sind mannigfaltig und werden irgendwann unerschöpflich sein, wenn wir sie lassen. Das ist genauso faszinierend wie abstoßend. Atomenergie an sich ist auch nichts Negatives. Es ist eine Frage ihrer Nutzung und Kontrolle. Solange zum Thema KI keine internationalen und bindenden Regelungen eingeführt werden, um die Realität schützen, müssen sich zukünftige Generationen eventuell mit einer Geschichtsschreibung auseinandersetzen, die von einer KI interpretiert wird. Als Beweismittel halten dann Bilder und Videos her, die manipuliert sind oder künstlich erzeugt wurden. Nur weiß das dann keiner.
Noch sind wir da glücklicherweise nicht. Auch die Roboter nicht.
Aber vielleicht ist die KI ja menschlicher als der Mensch? Was kann es für Auswirkungen nach sich ziehen, wenn die Basis des Homo Sapiens doch scheinbar die Freude an Macht und Manipulation darstellt? Seit 1946 nimmt die Zahl der Kriege pro Jahr im Schnitt zu. Mittlerweile finden weltweit rund fünfzig pro Jahr statt. Welche Schlussfolgerung zieht eine KI daraus, die in Zukunft weiteraus intelligenter sein wird als der Mensch? Welche Mittel hat sie, uns aus sich heraus zu beeinflussen und wird sie die Gelegenheit dazu bekommen? Wird sie Kriege verhindern oder Urteile fällen?
Welche Maßnahmen werden wo und vom wem getroffen, um den Menschen den Menschen steuern zu lassen und das Ruder nicht abzugeben? Denn trotz des menschlichen Irrsinns, der zweifelsfrei zu unserer Natur gehört, sollten wir unsere gesellschaftlichen Konflikte doch selber austragen. So es irgend geht. Und das bitte mit friedlichen Mitteln.
Widerstand ist zwecklos?
Ja. Die künstliche Intelligenz ist unaufhaltsam. Und wäre es von der Masse nicht gewollt, würden wir ja in allen Ländern dieser Welt Millionen von Menschen auf den Straßen sehen, die gegen deren Nutzung protestieren. Nur finden keine Proteste statt.
Meine Großeltern haben sich in den 1970ern lange gegen die Installation eines Telefonanschlusses gewehrt. Bis meine Eltern und Verwandten diesen durchgesetzt haben. Und falls du dich gerade bei dem Gedanken erwischt „Na, das ist ja auch etwas anderes“, dann denkst du vielleicht gerade die Gedanken der Generation KI, die mit der künstlichen Intelligenz aufwächst. So wie du mit einem Telefon oder die Generationen danach mit einem Handy in der Hand. Es ist ganz normal.
Mein Appell ist die intensive Diskussion, Beobachtung der KI und der Erhalt der Autonomie des menschlichen Verstandes. Wir werden die Masse nicht in die Straßen mobilisieren können. Aber Ethik bekommt hier eine neue Dimension, da sich menschliches Leben auf nie gekannte Weise verändern wird, auch wenn es morgen noch nicht soweit ist. Wir wissen zudem, dass Business und Politik zwei Begriffe sind, die nicht immer gut mit Ehrlichkeit und Transparenz vereinbar sind. Es wird also doppelte gesellschaftliche Anstrengungen benötigen, um einen Kodex zu finden, der nicht nur auf Papier existiert. Und wenn es ihn gibt, wäre es vielleicht gut, ihn auszudrucken. Damit er sich nicht morgen wie von selbst verändert.
Ach ja…
Dieser Artikel ist ohne jeglichen, digital kreierten Text entstanden. Einfach so aus mir heraus. Und es hat Spaß gebracht. Du kannst nicht anders, als mir das zu glauben.
Übrigens: ich habe ChatGPT mal ein Gedicht zum Thema Leben im Moment erstellen lassen. Du findest es in meinem Buch auf Seite 48.
Und jetzt frage ich mal Alexa, ob sie mir einen Espresso kocht…
Lesung? Vortrag?
Wenn dich mein lebendiger und spannender Vortrag interessiert, frage einfach nach einem Termin. Wenn du mir eine Gelegenheit gibst, um eine Lesung abzuhalten, freue ich mich auch. Lass uns einfach drüber reden!